Post von Wagner

Liebe Schmeichler im Oval-Office,

ja, es war klug, Trump Honig vors Maul zu schmieren…

Danke, Herr Präsident.

Wunderbar, wie Sie vorangehen.

Was Sie tun, ist bedeutend, Herr Präsident…

Ein europäischer Staatsmann nach dem anderen huldigte dem breitbeinig hinter seinem Schreibtisch thronenden Trump.

Ja, es war klug, denn Trump hat die Krankheit der Ehrsucht. Ehrsucht ist die unerfüllte Begierde nach Anerkennung.

Man muss sich nur sein Büro ansehen, überall Goldstaub. Es heißt, jeden Morgen müssen ihn seine Minister loben.

Ja, so saßen unsere europäischen Staatschefs vor ihm. Man schämte sich mit ihm. Aber ich lobe sie. Sie spielten das Theater mit.

Was wäre geschehen, wenn sie Trump hart angegangen wären, den leider mächtigsten Mann der Welt?

Wir müssen klug sein. Das waren die europäischen Staatschefs. Danke für Eure Selbstbeherrschung.

Liebes kleines, winziges Herz,

Du hast gestern in Charkiw aufgehört zu schlagen. Putins Drohnen haben Dich getötet.

Dich, kleines Herz, das anfangen wollte zu leben. Unter einer Decke liegt das Baby. Seine kleinen Füßchen hängen raus. Ein Feuerwehrmann trägt es.

Was für ein Mensch ist Putin? Mit 140 Drohnen und vier Raketen greift er eine schlafende Stadt an – während alle Friedenswilligen nach Washington fliegen.

Das Baby stirbt, auch ein 16-jähriger Junge, zehn Menschen insgesamt. Ihr Wohnhaus ist in Schutt und Asche.

Warum macht Putin das in dieser Nacht, gerade in diesem Moment, wo wir uns alle nach Frieden sehnen? Er weiß, was Raketen anrichten.

So ein winziges Herz, was schlagen wollte – interessiert ihn das?

Interessiert ihn der Tod eines 16-Jährigen, der den Führerschein machen wollte?

Hat Putin kein Gewissen? Gibt es wirklich nichts in ihm, das sagt: Halt, stopp.

Lieber Kanzler Merz,

großes Lob, wie Sie Europa anführen. Trump hat versprochen, Sie nach dem Gipfel in Alaska anzurufen.

Europa hat wieder eine Telefonnummer: Friedrich Merz.

Auch das gehört zu seinen ersten 100 Tagen als Kanzler. Die Frage aber bleibt: Warum ist der Kanzler so unbeliebt in Deutschland? Ist es sein Gesicht?

Er hat ein Gesicht, das bei allen Sorgen glatt bleibt, fast unbeweglich.

Was ist in den 100 Tagen passiert?

Da ist die gescheiterte Richter-Wahl, die Stromsteuersenkung, die Israel-Politik. Für mich sind das alles große Fehler.

Der größte Fehler ist, dass alles beim Alten blieb. Es gab keinen Ruck, nur Versprechungen. Es ist, als würde die Zeit in Ketten gelegt.

100 Tage reichen nicht, um Deutschland zu verändern. Ich gebe Friedrich Merz noch einmal 100 Tage.

Vielleicht wird er noch ein guter Kanzler.

Herzlichst,

Ihr Franz Josef Wagner

Lieber Präsident Selenskyj,

Scharfschützen bewachen Sie, Ihre Kinder haben Sie seit Monaten nicht mehr gesehen.

Sie erinnern mich an Sisyphos, den die Götter bestraft haben, einen Stein nach dem anderen auf den Berg zu schleppen – immer wieder aufs Neue.

Wie halten Sie, Präsident Selenskyj, diesen Kampf gegen die modernen Götter Trump und Putin aus? Sie sind 47. Ihre Tochter ist 21, Ihr Sohn 11. Ihr Leben war anders geplant.

Vor sechs Jahren waren Sie ein beliebter TV-Star. Ich habe Fotos von damals gesehen, Sie mit jugendlichem Charme, Krawatte, Anzug. Heute sind Sie nicht mehr wiederzuerkennen. Sisyphos…

Ein zweites Bild drängt sich auf. Das Bild eines Mannes, der auf verlorenem Posten steht. Was wird man später über Sie sagen?

Er war tapfer. Die Partie ist möglicherweise längst verloren, aber er gab nicht auf. Er kämpfte. In Berlin kämpfte er mit den Europäern. Einen Stein rollt er nach oben, jeden Tag unermüdlich.

Der verlorene Posten ist ein Ort für Helden.

Herzlichst,

Ihr Franz Josef Wagner

Lieber Schicksalsgipfel,

werden sie sich anlächeln bei ihren ersten Schritten aufeinander zu?

Der Fürst der Finsternis mit Haftbefehl gesucht, der Kriegsverbrecher Wladimir Putin. Und der Immobilienentwickler und US-Präsident Donald Trump.

Fünfmal haben sie sich schon getroffen. Beim ersten Mal klopfte Trump Putin jovial auf die Schulter. Beim zweiten Mal umarmten sie sich schon. „Ich habe eine Beziehung zu ihm“, sagte Trump hinterher, „er war so sympathisch.“

Das heißt nichts Gutes für die Ukraine. Für ihren Kampf um ihre Freiheit, für Demokratie, für Mitspracherecht.

Während die Herren in Alaska (wahrscheinlich) Intimitäten austauschen – sich tätscheln, Schulterklopfen –, sterben Menschen in der Ukraine. Unbarmherzig bombt Putin auf die Ukraine.

In welchen Händen liegt unser Schicksal?

Herzlichst,

Ihr

Lieber Evyatar David

Ich schreibe an Sie, obwohl es Gebeine sind, an denen noch ein fahler Schein von Fleisch anhaftet.

Ich schreibe an ein Skelett.

Die Hamas hat Ihnen eine Schaufel gegeben, um Ihr eigenes Grab zu schaufeln. In dem Video, das die Hamas veröffentlichte, werden hungernde Palästinenser hineingeschnitten.

Es ist eine Welt, die unsere Augen nicht mehr aushalten. Evyatar David, die Geisel, lässt man vor unseren Augen verhungern. Die Augen tief in Höhlen, nur Rippen. Evyatar David, 24, wollte Musikproduzent werden. Als ihn die Hamas entführte, war er ein gut aussehender Junge, der gerne tanzte.

Die Hilfsgüter, die wir nach Gaza schicken, geraten in die Hände der Hamas.

Ihr Schrecken ist der Hunger.

Liebe Eltern der deutschen Geisel,

der unterirdische Tunnel ist eine Bühne, auf der das Sterben Ihres Sohnes aufgeführt wird.

Die Hamas filmt Ihren sterbenden Sohn Rom, 21.

Die Eltern haben entschieden, dass die Welt das Video, das Werk der Mörder, sieht.

Wir sehen Rom, sein Gesicht ist wie aus Gips. Er ist kahl geschoren. Sein Körper scheint nichts mehr zu bedeuten. Er ist zu schwach, sich zu bewegen.

Sein Vater sagt: „Vor Monaten gab es ein Video, wo seine Augen noch leuchteten. Jetzt sind sie tot.“ Augen, die abnehmen wie der Körper. Was für ein grauenvolles Bild.

Der Vater sagt: „Du siehst Deinen Sohn sterben und Du kannst nichts für ihn tun.“ Rom war beim Festival Security-Mann, als die Hamas mordend, vergewaltigend die Feiernden überfiel. Roms Mutter sagt: „Ich kann nicht mehr sprechen, nur weinen. Ich weine mit Rom.“

Liebe Laura Dahlmeier,

wenn es jemals passierte, hatten Sie zwei Wünsche. „Lasst mich da oben“ – und „Niemand soll sein Leben riskieren, mich zu bergen“.

Auch über den Steinschlag im Gebirge haben Sie gesagt: „Manchmal spürt man ihn vorher, manchmal aber nicht, dann weiß man …“.

Die Wünsche, da oben zu bleiben, werden wohl erfüllt. Eine Liebende liegt da oben in einer Welt von Schönheit, Reinheit. Man muss ihr nur in die Augen sehen auf den Videos, wie glücklich sie in den Bergen ist.

Manchmal hörte sie Popsongs auf 5000 Meter Höhe, sie rockte mit den Hüften. Was für eine Welt gibt es da oben? Unglaubliche Sonnenaufgänge, man fasst die Felsen an, die früher Sand waren. Manchmal flogen Zugvögel über den Himmel.

Was ist Glück? Die Bläue in der Dämmerung, die Sterne, die aufgehen, der Wind, die Gegenwart. Der Pulsschlag Deines Lebens.

War Laura Dahlmeier ein glücklicher Mensch? Ich glaube ja.

Herzlichst,

Ihr Franz Josef Wagner

Liebe Laura Dahlmeier,

hier mein Nachruf auf eine Frau, die alles gewonnen hat. Zweimal olympisches Gold, sieben Weltmeisterschaften. Und jetzt ist sie da oben in 5700 Meter Höhe. Tot.

Wen oder was wollten Sie da oben besiegen in dieser gigantischen Einsamkeit, liebe Laura? Man mag es sich nicht vorstellen, wann die Urkräfte der Natur stärker wurden als Ihre. Bis zuletzt hieß es, Laura hätte Sauerstoff – atmen, atmen, atmen.

Man wusste, dass Laura eine Kämpferin ist.

Unsere Erde ist geheimnislos. Alle Länder sind erforscht. Alle Berge bestiegen. Das Einzige, was der Mensch nicht weiß, ist, wie stark er ist.

So ein Mensch muss wohl Laura Dahlmeier gewesen sein. Sportler messen sich an den Besten. Laura maß sich an der Urmacht der Natur. Wenn sie einen Berg bestiegen hatte, sagte sie, dass sie sich frei fühlte. Dem Himmel nah.

Da ist sie nun, die Tapfere.

Herzlichst,

Ihr Franz Josef Wagner

Lieber Donald Trump,

irgendwie liest sich Ihr Leben wie ein Schundroman.

Es soll Privatpartys mit „Kalender-Girls“ und dem Sexverbrecher Jeffrey Epstein gegeben haben. Natürlich hätten Sie nicht gewusst, dass Ihr Freund Epstein junge, teilweise minderjährige Frauen zu Sex-Sklavinnen macht und seinen Freunden zuführt.

Ich bin nicht so naiv zu glauben, dass ein US-Präsident ein gottgefälliges, tugendhaftes Leben führen muss. Er ist ein Mensch. Aber muss er ein Unhold sein, der jungen Mädchen nachstellt? Der 15 Jahre mit einem Mädchenhändler befreundet ist?

Da ist die Geburtstagskarte für seinen Freund Epstein, sie soll von Trump sein. Es ist der 50. Geburtstag von Epstein. Die Karte ist versehen mit einer Zeichnung, Brüste eines jungen Mädchens und als Schamhaar Trumps Unterschrift. Auf 20 Milliarden Dollar verklagte daraufhin Trump das Wall Street Journal, das über die Geburtstagskarte berichtete.

Was bleibt? Wir lesen jeden Tag aus dem Leben eines Lüstlings.

Herzlichst,

Ihr Franz Josef Wagner